Über dem Rhinluch hängen dichte Nebelschwaden. Wie aus dem Nichts ertönen laute Vogelstimmen: ein schnarrendes Gurru gurru. Unüberhörbar melden sich die Kraniche, die zum Fressen auf abgeerntete Maisstoppelfelder fliegen. Die imposanten Vögel rasten im Herbst auf ihrem Weg in den Süden zu tausenden in der Region. Faszinierend anzuhören sind ihre abwechslungsreichen Lautäußerungen.
Besonders beim abendlichen Einflug der Vögel zu den Vorsammelplätzen in Linum lässt sich die „Sprache der Kraniche“ studieren. Trompetende Rufe begleiten den Flug, dazwischen mehrfaches hohes Fiepen der Jungkraniche. Plötzlich ein lautes Knurren des voranfliegenden Vogels – der Warnlaut führt dazu, dass sich der Vogelschwarm teilt und einen Bogen um am Boden stehende Beobachtergruppen fliegt. Nach der Landung auf den Vorsammelplätzen wird laut und ausgiebig in Kranichsprache debattiert. Wenn es dunkel ist, suchen die Kraniche gemeinsam die Schlafgewässer auf.
An einigen sonnigen Oktobertagen herrschte gute Thermik, verbunden mit Luftströmungen aus nordöstlichen Richtungen sind dies ideale Bedingungen für den Weiterzug der Kraniche. Der kreisende Aufstieg in Höhen zwischen 800-1000 Metern wird begleitet von gleichbleibenden, eher verhaltenden Rufen. Mit dieser Kommunikation stellen die Altvögel in besonderer Weise die Bindung zu den Jungkranichen sicher, eine Verständigung untereinander für den Weiterflug. Schraubt sich eine Gruppe in den Himmel, gesellen sich – angelockt von den „Reiserufen“ – nach und nach weitere Vögel dazu. Für einen kräftesparenden Zug bilden sie eine Keilformation. Irgendwann sind sie nicht mehr zu sehen, nur ihre Rufe hallen nach.
Zahlreiche Besucherinnen und Besucher nutzten auch in diesem Herbst die Kranichführungen der Storchenschmiede. Unter fachkundiger Begleitung erfuhren die Touristen Interessantes über die Kraniche, Besonderheiten im Rastverhalten und nahmen teil an dem faszinierenden abendlichen Einflug der Vögel.
Die Zählungen in diesem Jahre ergaben weniger rastende Kraniche als in den Vorjahren. Dies ist zum Teil auch mit einem veränderten Zugverhalten zu erklären. Dennoch steht fest, dass der Rastplatz Rhinluch, wie wohl schon seit vielen hundert Jahren, attraktiv für die Vögel des Glücks ist.
Text und Fotos: Helga Müller-Wensky (Kranichrastplatzbetreuerin)